Auf den Anrufbeantworter gestoibert

Mit ein wenig Muße und einem Funken Talent findet man im Internet alles, was einen eh noch nie interessiert hat. Achims Anrufbeantwortersprüche beispielsweise, eine Seite mit - na? - Anrufbeantwortersprüchen. Hier werden für alle phantasielosen Anrufbeantworterbesitzer funkelnde Perlen des feinsinnigen Humors kredenzt, dass das Zwerchfell nur so aus allen Nähten jauchzt.
Was aber machen männliche Singles ab 30, die ihre Telefonnummern im Weibervolke verschleudern wie andere Leute Schnupfenbazillen und ausgerechnet bei Anruf schmökernd auf dem Lokus hocken? Auch dafür ist in dem reichhaltigen Fundus gesorgt. Ein Gedicht, das Frauenherzen im Sturm erobert, gewissermaßen der Blattschuss unter den Anrufbeantwortersprüchen:
"O Graus, o graus,
der ist nicht zuhaus,
dafuer kannst Du sprechen auf sein Band,
das auf Deine Stimme wartet ganz galant."
In diesem nässenden Lyrikgeschwür rumpelt und knarzt es zum Reimerweichen. Die ersten beiden Zeilen kennen nur einen Gewinner: Klaus.
"O Graus, o graus,
der Klaus ist nicht zuhaus."
Die hingeschluderte Orthographie mal beiseitegestellt: das passt wie Arsch auf Eimer! Aber die anderen gucken doof aus der Wäsche. Das können Sie auf der nächsten strunzlangweiligen Party ja mal mit allen bekannten Vornamen durchspielen. Nehmen wir zum Beispiel den Hans-Hermann:
"O Graus, o graus,
der Hans-Hermann ist nicht zuhaus."
Armer Hans-Hermann. Und dann erst die letzten beiden Zeilen:
"dafuer kannst Du sprechen auf sein Band,
das auf Deine Stimme wartet ganz galant."
Beklommen streicht man sich über die Tonsur: hier kann auch Klaus nichts mehr machen.
Aber Humor ist, wenn man trotzdem spricht, was in meinem Fall bedeutet, dass ich meist ein humorloser, in die Jahre kommender Sack bin. Dabei schnacke ich ganz gerne mal mit Freunden am Telefon - es kommt nicht darauf an, dass man unter den Armen gut riecht, man kann die Hosen auf der Leine lassen und die Strumpffusseln zwischen den Zehen rauspulen. Jede Menge Vorteile.
Überwinde aber einer das zwischengeschaltete Bollwerk, diese telekommunikative Marginotlinie, vor der ich so häufig schon kapitulierte. Mein Freundeskreis umfasst drei Anschlüsse, mithin drei Pärchen. Wer jetzt nölt, das seien aber bedenklich wenig Freunde, dem lege ich nahe, sich für einen überschaubaren Zeitraum in den finanziellen Ruin zu stürzen, da weiß man nachher, was man hat.
Jedenfalls, Anschluss I, also Pärchen I: die gehen immer ran, wenn sie zu Hause sind. Anrufbeantworterqualen also nur im Ausnahmezustand.
Anschluss II und III, also Pärchen II und III, dagegen veranstalten erst mal ein Anrufer-Casting, und während man sich schon um Kopf und Kragen stammelt, wird plötzlich doch noch abgehoben: "Ach, DU bist das!"
"Stell dich mal nicht so luschig an", werden die Betroffenen jetzt berechtigerweise einwenden, aber das sagt sich so leicht dahin. Ich muss mich nämlich immer tagelang vorbereiten. Was quatsch ich bloß auf die Kiste? Wie sag ich´s? Schließlich habe ich überall rumposaunt, ich wäre jetzt Schriftsteller, mittellos, aber bester Absicht. Dieser Erwartungsdruck. Unmenschlich.
Und was passiert? Der Anrufbeantworter sagt sein Textlein auf, prompt vergesse ich mein einstudiertes eloquentes Geschwätz, und am Ende habe ich den Kasten wieder einmal nur so zugestoibert:
"Ja, hallo, eh, ich bin´s, eh, der Dave, ich wollte, eh, mal fragen, wegen Sonntag mit dem, eh, also mit dem Treffen am Sonntag, wollten wir ja machen, ob ihr da Zeit habt, wollte ich, eh, nur mal fragen ..."
Da fehlen einem die Worte? Mir schon.
Und weil ich aus eben diesem Grunde einen ausgeprägten Groll gegen Anrufbeantworter hege, habe ich konsequenterweise selbst einen. T-Net-Box nennt sich das schicke Teil, schön platzsparend, da virtuell. Einen Text hab ich auch draufgequatscht, und für den Fall, dass Ihnen für Ihren Kasten nichts Brauchbares einfällt, kriegen Sie den geschenkt:
"Guten Tag. Hier ist die T-Net-Box von Dave Gore. Ich kann Ihren Anruf zurzeit nicht entgegennehmen. Gute Nachrichten hinterlassen Sie bitte hinter dem Piepton. Schlechte Nachrichten werden vom System umgehend gelöscht."
Wenn das nicht gute Laune macht, dann weiß ich auch nicht. Aber wem das zu schnarchig ist, der hat ja immer noch Achims Anrufbeantwortersprüche. Hier noch ein kleines Schmankerl aus seinem Sammelsurium:

"Guten tag, hier spricht... (floet)
Ich bin nicht... (floet)
Wenn sie eine... (floet) ...fuer mich haben,
dann sprechen Sie nach dem... (floet)."

In diesem Sinne: Frohes Flöten noch.

Moers, 16. August 2006

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